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Netflix und Co. im Vergleich
Trends, Facts & Figures – willkommen in unserer neuen Blog-Rubrik „Trendspotter“, in der wir ab sofort regelmäßig brandaktuelle Entwicklungen, Umfragen und Studien aus der Markenwelt und Marketingbranche genauer unter die Lupe nehmen werden. Los geht es heute mit einer Analyse des amerikanischen Technologieunternehmens Quantcast, das untersucht hat, wie sich die großen Streaming-Anbieter hinsichtlich ihrer Zielgruppen unterscheiden.
Die Geschichte des Streamings beginnt bereits Mitte des 20. Jahrhunderts, wobei während der ersten Jahrzehnte nur wenige Fortschritte gemacht wurden, da die Technik teuer und die Kapazitäten der Computerhardware beschränkt waren. Heute ist diese Art von Mediennutzung bei Film- und Serienliebhabern nicht mehr wegzudenken und – nach Schätzungen von 2019 – für 80 Prozent der Zunahme des globalen Datenverkehrs verantwortlich.
Ob es nun das neu gelaunchte Disney+ oder der bekannte Branchengigant Netflix ist: Jeder dieser großen Anbieter präsentiert sich als Premium Content-Plattform und versucht über hauseigene Exklusivformate möglichst viele Kunden für sich zu gewinnen. Das merken vor allem die klassischen TV-Anbieter und -Sender, die Jahr für Jahr an Reichweite und Zuschauer gegenüber den neuen Playern einbüßen.
Aber wie unterscheiden sich die Streaming-Anbieter und welche Zielgruppen sprechen sie konkret an? Diese und weitere Fragen hat Quantcast in seiner Studie näher untersucht. Als Grundlage der vorliegenden Analyse wurde der Indexwert für eine repräsentative Studie ausgewählt. Dieser beschreibt die Abweichung vom deutschen Durchschnitt – Indexwert 100 – in Betrachtung mit den Zielgruppenmerkmalen sowie deren individuellen Ausprägungen.
NETFLIX & DISNEY+ – Fokus auf die Jugend
Mit einem überproportionalen Indexwert von 139 (Netflix) und 149 (Disney+) sind diese beiden Streaming-Anbieter die unangefochtenen Favoriten der Millenials, welche im Zeitraum von 1981 und 1996 geboren wurden. Mit zunehmendem Alter nimmt das Interesse dann spürbar ab: Bei den über 60-jährigen liegt der Indexwert bereits bei nur noch bei 57. Das maximale Netto-Einkommen dieser jungen Zielgruppe liegt bei maximal 1.000 Euro. Hierbei sind die Werte der beiden Kontrahenten beinah identisch: Netflix 115, Disney+ 116. Innerhalb der angesprochenen Kunden zeigen sich aber Unterschiede: Während Netflix bei beiden Geschlechtern gleich beliebt ist, kommt Disney+ besser bei Männern an – Index 117.
Einschätzung: Beide Anbieter sind vermehrt für ein jüngeres Publikum ausgelegt, was sich auch in der jeweiligen Film- und Serienauswahl widerspiegelt. Weshalb der Streaming-Anbieter Disney+ bei einem vorrangig männlichen Publikum besser angenommen wird als von Frauen, liegt unserer Bewertung nach an einer der größten Sagas der Filmgeschichte: Auch wenn Luke Skywalker, Han Solo und Chewbacca in dieser Serie nicht mit von der Partie sind, ist „The Mandalorian“ aus dem Star Wars-Universum natürlich ein Blockbuster-Angebot. Kaum eine Serie fiel in Kombination mit Disney so häufig in Suchanfragen auf.
AMAZON PRIME VIDEO – Angebot mit Premium-Kunden
Der Streaming-Dienst Amazon Prime Video schlägt in dieselbe Kerbe wie seine größten Konkurrenten Netflix und Disney+. Die Altersgruppe befindet sich ebenfalls im Bereich zwischen 20 und 29 Jahren. Die Ausprägung mit Betrachtung auf den Durchschnitt ist hier allerdings nicht so signifikant wie bei der Konkurrenz: Der Indexwert liegt lediglich bei 119. Hinsichtlich des monatlichen Einkommens fällt auf, dass Amazon Prime Video-User zu den Besserverdienern gehören: Bei einem monatlichen Einkommen von 4.000 Euro und mehr liegt der Index bei 112. Eine weitere Abweichung ist das sonstige Suchverhalten nach Streaming Anbietern. Während die Abonnenten von Netflix und Disney+ einzig ihrem Favoriten treu bleiben, tauchen in den Suchanfragen der Amazon Prime Video-Nutzer häufiger die Nebenbuhler Maxdome, Joyn und die ARD-Mediathek auf, die Teil des Plattformangebotes sind und das Interessensspektrum deutlich erweitern.
Einschätzung: Auch wenn Amazon Prime Video bereits in den Köpfen sehr verankert ist, existiert dies in der heutigen Konstellation erst seit 2014. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich Netflix im deutschen Markt bereits bestens etabliert, weshalb eine Differenzierung zu diesem Konkurrenten nötig war: Die Auslegung speziell auf Studenten und die Besserverdiener von morgen. Für diese gibt es nämlich großzügige Angebote, womit diese den vollen Umfang nutzen und nur einen Bruchteil bezahlen müssen. Wer dies im Hinterkopf behält, dem wird schnell bewusst, dass Amazon dort einen brillanten Schachzug gemacht hat. Wer nämlich eine lange Zeit begünstigt wird, entwickelt häufig eine ausgereifte Markentreue, die auch nach der Zeit im Studium anhält. Dies wirkt sich sowohl auf den Onlineversandhandel als auch den Streaming-Dienst aus. Ein perfekter Imagetransfer und eine nachhaltige Investition.
SKY TICKET – dem Streaming sein Großvater?
Ähnlich wie Netflix wurde Sky bereits in den frühen 1990er Jahren gegründet und dennoch unterscheiden sich die Wahrnehmungen der beiden Marken und deren Nutzer nahezu komplett. Das britische Unternehmen setzt nämlich nicht auf einen möglichst jungen Kundenstamm, sondern bewusst auf Menschen, die über 40 und überdurchschnittlich hoch im Segment zwischen 50 und 59 angesiedelt sind. Dort ergibt sich ein Index von 145. Ab dem 60. Lebensalter erreicht dieser bereits einen Wert von 153. Ähnlich wie bei Amazon Prime Video ergab sich während der Studie eine überproportionale Ausprägung bei den männlichen Nutzern, was einem Indexwert von 123 entspricht und auf den Sky-Content wie vor allem Fußball zurückzuführen ist. Entsprechend der Altersgruppe ist auch der Gehalts-Index bei einem monatlichen Einkommen von 4.000 Euro und mehr mit 122 recht hoch im Vergleich zu anderen Zielgruppen.
Einschätzung: Streaming-Anbieter werden meist mit einer jüngeren Zielgruppe assoziiert, da sich diese ganz bewusst digital und innovativ präsentieren und ihr Produkt danach ausrichten. Sky dreht dort den Spieß um und setzt auf die Leidenschaften der Deutschen – Fußball. Rund 47 Millionen Menschen in Deutschland sind Fußball-Fans, was Sky ein enormes Zielgruppenpotenzial verschafft und den Anbieter von den anderen Dienstleistern differenziert. Darüber hinaus setzt Sky seit Beginn auf eine breite cross-mediale Kommunikation, was sich auch in der Wahrnehmung der Menschen zeigt.
FAZIT – Survival of the Content-Fittest
Die Anbieter Amazon, Netflix, Disney und Sky fokussieren sich im Rahmen des hart-umkämpften Streaming-Marktes auf ein ganz bestimmtes Klientel. Dabei setzen sie in erster Linie auf das Differenzierungspotenzial Content. Und dabei gilt: Je exklusiver das Format, desto lauter wird getrommelt. Dabei bespielen diese Premium-Marken cross-medial sämtliche Kanäle, was hinsichtlich ihrer Finanzpower auch kein Wunder ist. Sie alle wissen, dass nur der Anbieter überlebt, der kontinuierlich im Relevant Set der Kunden existent ist und diesen mit hochwertigem, bingewatch-fähigem Content an sich binden kann. Noch stimmen bei den „fantastischen Vier“ die User-Zahlen. Aber wie schnell sich das Blatt wenden kann zeigen Beispiele wie Watchever oder die klassischen TV-Anbieter, die entweder bereits von der Bildfläche verschwunden sind oder sich kontinuierlich im Quoten-Minus befinden.